Wann hast du eigentlich das letzte Mal deinen Kleiderschrank aussortiert? Bei mir ist das zwei Wochen her, seitdem steht die große blaue Tasche in meiner Wohnung und ich weiß nicht wohin damit. Überraschenderweise ist mein Kleiderschrank immer noch zum Bersten voll. Warum? Weil in Deutschland pro Kopf jedes Jahr im Durchschnitt 15 Kilogramm Klamotten gekauft werden. Das kommt 23 Jeanshosen oder 140 T-Shirts gleich. Doch brauchen wir das alles eigentlich? Und welche Folgen hat das für Umwelt und Menschen? Das Prinzip der Fast Fashion ist tief in unserer Denkweise und unserem Konsumverhalten verankert, Trends wechseln schneller als die Jahreszeiten, möglichst billig soll es auch noch sein. Doch all das kommt zu einem Preis und der lässt sich eben nicht in Geld messen. Wir sind Teil einer jungen Generation, die die Chance hat, es anders zu machen und das fängt schon beim Kleiderkauf an!
Fast Fashion vs. Slow Fashion
Seit den 90er-Jahren hat sich in der Modeindustrie vor allem eines durchgesetzt: Schneller und billiger soll unsere Kleidung produziert werden. Dabei gingen Umwelt- und Sozialstandards zunehmend verloren. Besonders deutlich zeigte sich dies im April 2013, als in Bangladesch eine achtstöckige Textilfabrik einstürzte. Obwohl am Vortag Risse im Gebäude festgestellt worden waren und die Polizei den Zutritt untersagt hatte, zwangen die Fabrikbetreiber die Angestellten zur Arbeit. Fast 1200 Tote und über 2400 Verletzte standen symbolträchtig für eine Industrie, die zu den schmutzigsten und unfairsten der Welt gehört. Es war Zeit für eine Gegenbewegung und Slow Fashion wurde geboren. Modedesigner und Aktivisten setzen sich weltweit für bessere Arbeitsbedingungen und Umweltstandards ein. Leider geht es vielen Konsumenten beim Kleiderkauf aber ähnlich wie im Supermarkt: Viel zu viele Gütesiegel sollen Bio-Qualität und faire Standards garantieren, doch auf welche ist wirklich Verlass? Als Teil einer jungen und zukunftsorientierten Community haben wir von YoungCapital uns gedacht, dass wir der Sache unbedingt auf den Grund gehen sollten.
Detox, Fairtrade, Öko - Was steckt dahinter und woran erkennt man echte Qualität?
Seit Jahren steht das Pestizid Glyphosat im Fokus von Diskussionen. Ist es krebserregend oder nicht? Dabei ist das nur die Spitze des Eisbergs, denn gerade in der Modeindustrie werden so viele umwelt- und gesundheitsgefährdende Chemikalien eingesetzt wie sonst in kaum einem anderen Wirtschaftszweig. In einer Detox-Kampagne hat Greenpeace etwa 400 schädliche Substanzen ausgemacht, die krebserregend oder hormonell wirksam sind und über unsere Nahrung, die Luft oder das Trinkwasser nicht nur in die Umwelt, sondern auch in unsere Körper gelangen.
Wenn man an den Flüssen in China erkennt, welche Farbe in der nächsten Saison im Trend liegt, dann läuft ganz offensichtlich etwas falsch. Die Leidtragenden sind aber vor allem die Feldarbeiter auf den Baumwollfarmen oder die Näherinnen in den Fabriken, die den Chemikalien ohne ausreichende Schutzkleidung ausgesetzt sind. Von den viel zu niedrigen Löhnen, der Diskriminierung am Arbeitsplatz und den viel zu langen Arbeitszeiten mal abgesehen. Doch es gibt Alternativen zur Fast Fashion der Billigmodeketten. Immer mehr Labels bemühen sich um eine nachhaltige und gerechte Wertschöpfungskette. Doch woran erkennst du diese? Keine Sorge, du musst dich nicht selbst durch den Siegel-Dschungel kämpfen. Wir erklären dir die wichtigsten Zertifizierungen des Mode-Business.
Zertifiziert und getestet
Ökologisch am strengsten ist das IVN-Siegel. Es überprüft die gesamte Produktion, vom Baumwoll-Saatgut bis zum fertigen Produkt. Synthetikfasern gehören nicht dazu, da sie zu viel Energie und nicht-erneuerbare Rohstoffe verbrauchen. Der Einsatz von Chemikalien ist streng reguliert, bzw. verboten.
Auch der Global Organic Textile Standard (GOTS) zertifiziert die gesamte Textilproduktion, erlaubt jedoch 30 Prozent Recyclingfasern aus alten Plastikflaschen. Zudem achtet das GOTS-Siegel auf die Einhaltung sozialer Kriterien, die von der International Labour Organisation vorgegeben sind. Darunter fallen eine faire Bezahlung, Arbeitsschutz, das Verbot von Zwangs- und Kinderarbeit sowie garantierte Arbeitnehmerrechte und Gewerkschaftsbildung. Nach diesen Gesichtspunkten bewertet auch das Fairtrade Textile Production-Siegel oder die Fair Wear Foundation, eine Initiative von NGOs und Gewerkschaften.
Auch viele Fast-Fashion-Modeketten haben sich der Bewegung zumindest teilweise angeschlossen, doch gleichzeitig wird auch eine Menge Greenwashing betrieben. Einzelne Kleidungsstücke oder Kollektionen sind ökologisch produziert oder fair gehandelt, während der Rest nach wie vor konventionell hergestellt wird. Auch alte Kleidung gegen Rabattgutscheine tütenweise ins Geschäft zu bringen, regt eher zum Neukauf an, statt zu mehr Nachhaltigkeit. Nicht alles ist gold, was glänzt, und leider verhält es sich genauso mit dem “grünen” Image vieler Modeketten. Darum gilt: Lass dich nicht übers Ohr hauen, sondern halte Ausschau nach den vier hier genannten Gütesegeln und sei so auf der sicheren Seite!
Trage Algen aus Island oder Milch auf der Haut!
Was zunächst seltsam klingt, ist eine spannende Alternative zu Baumwolle oder Synthetikfasern. Baumwolle ist ein pflanzliches Produkt und hört sich daher erst einmal natürlich und ökologisch an. Doch der Wasserverbrauch für ein Kilogramm Baumwolle liegt bei 11.000 Litern. In wasserarmen Regionen führt das sehr schnell zu Problemen. Alternative Fasern zu finden, die kostengünstig und ökologisch produziert werden können, ist daher eines der Hauptziele der Slow-Fashion-Bewegung. Die Firma Smartfiber hat das sogenannte SeaCell entwickelt. Dafür werden in Island nachhaltig Braunalgen angebaut, die zusammen mit Zellulose ein feines Gewebe ergeben, das dank seines hohen Anteils an Mineralien und Antioxidantien zur Heilung von Hautentzündungen beiträgt und bereits in der Medizin Verwendung findet.
Auch QMILK von der gleichnamigen Firma hat ähnliche Eigenschaften. Jedes Jahr werden in Deutschland zwei Millionen Liter Milch entsorgt. Mit dem QMILK-Verfahren könnte man daraus fast 240 Millionen T-Shirts herstellen. Dabei dauert die Herstellung eines Kilogramms der Faser nur fünf Minuten und verbraucht nur zwei Liter Wasser. Sie eignet sich perfekt für Funktionskleidung, da sie antibakteriell ist und ganz natürlich vor UV-Strahlen schützt. Wer hätte gedacht, dass ein Stück Stoff so viel kann? Wir bestimmt nicht, umso begeisterter sind wir von diesen Innovationen! Klar, faire und ökologische Mode kostet Geld, doch wer sich die Preise herkömmlicher Modeketten anschaut, wird feststellen, dass der Unterschied gar nicht so groß ist. Statt in Werbung zu investieren, kommt der höhere Preis den Arbeitern und der Umwelt zugute. Da die Öko-Kleidung besser produziert ist, fällt sie auch nicht schon nach dem ersten Waschgang auseinander, sondern zeichnet sich durch ihre Langlebigkeit aus. Darum lautet die Devise: Nicht mehr kaufen, sondern besser!
Wohin mit den Lumpen? - Upcycling, Second Hand und Kleidertausch
Mich grüßt noch immer jeden Morgen meine große Tüte voller Altkleider. Von den 15 Kilo, die wir Deutschen jedes Jahr an Kleidung kaufen, werfen wir neun wieder weg. Weil sie uns nicht mehr gefallen, nicht mehr im Trend sind, ein Fehlkauf waren, zu klein oder zu kurz geworden sind. Dabei müssen die Sachen gar nicht im Müll landen, denn es gibt jede Menge Möglichkeiten, die alten Klamotten loszuwerden. Wie wäre es, mit einer Kleidertauschparty? Lade deine Freunde ein, ihre Kleiderschränke auszusortieren und tauscht aus, was euch nicht mehr gefällt. Auch Kleider-Sharing wird immer beliebter. Die Kleiderei bietet dir zum Beispiel einen zweiten, externen Kleiderschrank für nur 25 Euro im Monat. Vier Teile kannst du dir gleichzeitig ausleihen und so deinen Outfits neuen Glamour verpassen.
Oder versuche dich im Upcycling. Was es damit auf sich hat? Es geht darum, Vorhandenes neu zu entdecken und umzustylen - da reicht manchmal schon ein Bügelbild auf einem alten T-Shirt. Außerdem gibt es in deiner Stadt garantiert Second-Hand-Läden, die sich über deinen Mantel oder Strickpulli freuen würden und wo auch du ganz sicher noch die ein oder andere Kostbarkeit finden kannst. Denn das beste Kleidungsstück ist eines, das gar nicht erst produziert wird!
Mehr Informationen und Öko-Fair-Labels findest du hier:
Schau dir auf Netflix die Doku “The True Cost” an oder klick dich durch den slowfashionblog.
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