Als ich in Deutschland anfing, stellten wir eine junge Account Managerin ein, die mich auf einen Kundentermin begleitete, da es mit meinen Deutschkenntnissen noch nicht allzu weit her war. Auf dieser Grundlage kannte sie sich viel besser aus als ich. Für mich war es eine große Überraschung, als sie während des Termins kaum das Wort ergriff. Auf meine Nachfrage erklärte sie mir, dass ich die Geschäftsführerin sei und sie sich nicht in der Position sah, für mich zu sprechen, da ich ihr nicht das Okay dafür gegeben hatte. Für mich als Niederländerin stellte sich Deutschland viel strenger in seinen Hierarchien dar, als ich es gewohnt war, während die Account Managerin mit diesen Machtstrukturen aufgewachsen war und dem entsprechende Erwartungshaltungen formulierte.
Natürlich bringt so eine interkulturelle Begegnung immer auch Herausforderungen mit sich und so manches Mal Konfliktpotenzial - nicht immer ist alles Friede, Freude, Eierkuchen. Doch das ist in Ordnung, denn Diversität am Arbeitsplatz ist vor allem auch eines: Eine Chance für mehr Wachstum und Innovation. Missverständnisse bleiben dabei nicht aus, doch man kann lernen, mit ihnen umzugehen. Interkulturelles Management braucht dafür eine ergebnisoffene und respektvolle Kommunikation - und zwar in beide Richtungen.
Deutschland und die Niederlande - Feuer und Wasser?
Wohl kaum, denn sie sind immer noch direkte Nachbarn innerhalb Westeuropas. Das schließt aber dennoch den ein oder anderen kulturellen Unterschied nicht aus, welcher sich auf eine Zusammenarbeit auswirken kann. Doch sind wir nun ein niederländisches Unternehmen in Deutschland? Oder ein deutsches Unternehmen mit Niederländern? Bei YoungCapital sind wir weder das Eine, noch das Andere. Warum? Weil wir das Beste aus beiden Ländern und Kulturen zusammengebracht haben. Wir haben voneinander gelernt und uns aufeinander eingelassen. Als wir mit YoungCapital nach Deutschland gekommen sind, haben wir von vornherein gesagt, dass wir ein deutsches Unternehmen mit deutschen Personen aufbauen wollen. Dennoch wollten wir unsere niederländische Unternehmens-DNA behalten. Wenn es heute also darum geht, eine Position neu zu besetzen, dann schauen wir uns das Potenzial in den Niederlanden und in Deutschland gleichermaßen an. Wenn man die richtige Mischung hat, dann kann dieser Mix der Kulturen funktionieren und bleiben.
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Wie viel Diversität brauchen wir?
Vielfalt sollten wir als Chance nutzen - nicht nur in unserem Alltag, sondern auch und vor allem am Arbeitsplatz. Wo unterschiedliche Wertehaltungen, Persönlichkeitseigenschaften und kulturelle Prägungen aufeinander treffen, entstehen kreativere und innovativere Lösungen, Konformitätsschranken werden aufgebrochen - das belegen sogar Studien. Wertesysteme drohen zu erstarren, wenn sie nicht regelmäßig hinterfragt werden - auch wenn sie jahrelang wunderbar funktioniert haben. Diese Stagnation kann ein Unternehmen in unserer heutigen Arbeitswelt schnell ausbremsen. Diversität unter den Mitarbeitern passt die Firma der agilen und fragmentierten Wettbewerbsumwelt an. Die Perspektive verändert sich und damit auch der Dialog.
Sich selbst kritisch hinterfragen
Wie wir denken und handeln, ist vor allem von unseren Erfahrungen geprägt, davon, wie wir aufgewachsen sind. Das kann sich nicht nur von Land zu Land, sondern auch von Generation zu Generation unterscheiden. Kultur ist etwas Erlerntes, als Kinder werden wir in ihr sozialisiert und lernen so, uns in der Gesellschaft zu bewegen. In einer interkulturellen Begegnung erreichen wir oft den Punkt, an dem wir mit diesem Wissen nicht mehr weiterkommen. Wir können die Handlung unseres Gegenübers nicht aus unserer Perspektive heraus verstehen und dürfen daher keine Annahmen darüber machen, warum jemand etwas so oder so macht. Wenn wir uns nicht verstehen, dann müssen wir nach den Fragen hinter den Fragen fragen: Warum reagierst du so und nicht so? Woher kommt das? Das setzt auch voraus, dass man seine eigene kulturelle Brille reflektiert und sich vor Augen führt, was man selbst getan haben könnte, um dieses Missverständnis hervorzurufen.
Macht und Hierarchie - Faktoren in der interkulturellen Begegnung
In den Niederlanden betreiben wir gerne das sogenannte “Polderen”: Jeder kann, unabhängig von seinem Status oder seiner Erfahrung, seine spezifischen Kenntnisse auf den Tisch legen, wenn er oder sie glaubt, dass diese einen Mehrwert bringen. Dass diese Freiheiten nicht überall in den gleichen Maßen gelebt werden, habe ich durch meine Account Managerin gelernt. Mit welchen Machtstrukturen man aufgewachsen ist, kann sich ungemein auf das Arbeitsleben auswirken. Während bei uns Eigeninitiative geschätzt wird, erwartet mein Arbeitnehmer möglicherweise klare Ansagen von mir. Wenn das nicht passiert, beginnt mein Kollege sich zu fragen, was für eine Chefin ich denn bin, während ich mich frage, warum von ihm keine eigenen Ideen und Vorschläge kommen. Am Ende sind wir beide frustriert, dabei hätten wir einfach nur unsere Erwartungshaltungen hinterfragen müssen.
Fehlerkultur: Fail fast, learn fast, improve fast
Wie mit Fehlern umgegangen wird und wie hoch die Toleranz für diese ist, ist einer der großen Unterschiede zwischen Deutschland und den Niederlanden. Hier trifft Schnelligkeit auf den Sicherheitsgedanken. Wir Niederländer fangen gerne schnell an. Lösungen für Probleme finden wir dabei unterwegs, dafür braucht es keinen ausgeklügelten Plan A und schon gar keinen Sicherheitsplan B. Aus unseren Fehlern lernen wir und machen es beim nächsten Mal besser. Die Deutschen werden allmählich ebenfalls agiler, weil das die Ökonomie auch so einfordert. Unsere Zusammenarbeit ist also eine große Chance, nicht nur etwas über die andere Kultur, sondern auch voneinander zu lernen. Wie eine gründliche Planung, aber auch eine Prise Spontanität und Opportunismus Dinge in Bewegung bringen können, sehe ich jeden Tag bei uns im Unternehmen.
Life lessons learned
Eine der großen Herausforderungen für Niederländer ist das Gesieze. “Ich sieze in den Niederlanden nur meine Oma und meinen Opa. Das hat etwas mit dem Respekt vor dem Alter zutun”, sagt auch Lisanne Haarbosch, Area Managerin bei YC Deutschland und Niederländerin. Ansonsten sind wir nämlich per “Du” - auch mit Geschäftskunden. Das macht hier schon mal den ein oder anderen stutzig, ist aber meistens schnell überwunden. Offenheit und Kommunikationsbereitschaft sowie der Wille die Perspektive zu wechseln und Missverständnisse als normal einzukalkulieren, haben sich als Methoden im interkulturellen Management bewährt. Flexibilität, Kreativität, Humor und der Mut zum Ausprobieren tragen dazu bei, dass wir bei YoungCapital die Früchte unserer interkulturellen Kollaboration tragen. Dann kann man auch persönlich ganz viel mitnehmen: Ich habe gelernt, besser zuzuhören und nicht immer alles im Eiltempo zu machen, sondern auch mal still zu stehen und innezuhalten.
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